Eine Entspannungsecke einrichten - der ultimative Guide
Was ist eine Entspannungsecke?
Eine Entspannungsecke (auch „Ruhezone“ oder „Calm Down Corner“ genannt) ist ein ruhiger Bereich in eurem Zuhause (oder auch im Klassenzimmer oder Kindergarten), wohin sich dein Kind - entweder allein oder in Begleitung eines Erwachsenen - zurückziehen kann, wenn es von großen Gefühlen, wie Wut, Angst, Trauer oder Frustration, überwältigt wird.
Hier kann dein Kind in sich hineinspüren oder dir zeigen, wie es sich gerade fühlt und was ihm in dieser Situation helfen würde. Hier kann es in einem sicheren Rahmen verschiedene Entspannungsstrategien ausprobieren, wie z.B. Atem- oder Bewegungsübungen, Malen, Lesen oder etwas ruhiges spielen.
Bei uns zuhause ist die Entspannungsecke eine kleine Ecke im Wohnzimmer, die wir gemeinsam ausgewählt haben. Eure Entspannungsecke kann aber auch im Kinderzimmer oder in jedem anderen Raum sein, wo dein Kind sich wohlfühlt - und es muss auch nicht unbedingt eine Ecke sein.
Wir nutzen unsere Entspannungsecke auch nicht nur, wenn die Gefühle kurz davor sind, überzukochen, sondern insbesondere auch dann, wenn wir uns einfach nur entspannen wollen, wir gemeinsam neue Atem- oder Yogaübungen ausprobieren wollen oder etwas über Gefühle im Allgemeinen lernen wollen.
Eine Entspannungsecke soll nämlich vor allem eins sein: ein sicherer Ort der Verbindung. Ein Ort, wo dein Kind sich wohlfühlt und gerne Zeit verbringt.
Und damit kommen wir gleich zum nächsten Punkt:
Was ist eine Entspannungsecke NICHT?
Eine Entspannungsecke ist KEIN Ort der Bestrafung oder der Isolation. Es ist kein Ort, wo ein aufgebrachtes Kind hingeschickt wird, um sich alleine zu beruhigen und darüber nachzudenken, was es falsch gemacht hat.
Die moderne Entwicklungspsychologie hat durch zahlreiche Studien belegt, dass ein solches „Time-Out“ eher schädlich für die emotionale Entwicklung eines Kindes ist. Es verfügt nämlich noch gar nicht über die Fähigkeiten, sich selbst zu beruhigen, sondern braucht vor allem die ruhige Präsenz eines Erwachsenen (Co-Regulation).
Isolation lehrt das Kind nur, dass seine Gefühle „schlecht“ sind und führt oft dazu, dass das Kind Gefühle zukünftig unterdrückt.
Die Vorteile einer Entspannungsecke auf einen Blick:
- Eine Entspannungsecke gibt deinem Kind die Möglichkeit, sich an einen ruhigen und sicheren Ort zurückzuziehen, wenn es sich von seinen Gefühlen überwältigt fühlt.
- Dein Kind lernt, wie es auf gesunde Weise mit seinen Gefühlen umgehen und sich selbst regulieren kann.
- Dein Kind lernt, in sich hineinzuspüren, sich seiner eigenen Gefühle bewusst zu werden und sie zu kommunizieren.
- Dein Kind lernt verschiedene Entspannungsstrategien kennen, die es auch außerhalb der Entspannungsecke anwenden kann.
- Die Fähigkeit zur Emotionsregulation wird gefördert, eine Fähigkeit, die für das gesamte Leben wichtig ist.
- Eine Entspannungsecke gibt deinem Kind die Möglichkeit, mit dir (oder einer anderen Bezugsperson) in Verbindung zu treten und ohne viele Worte zu kommunizieren.
So richtest du eine Entspannungsecke ein
Suche gemeinsam mit deinem Kind einen geeigneten Ort in eurem Zuhause aus. Es ist auf jeden Fall von Vorteil, wenn du dein Kind in die Einrichtung der Entspannungsecke miteinbeziehst, da es sie so besser annehmen wird.
Überlegt euch, wie ihr die Entspannungsecke einrichten möchtet, sodass sie gemütlich ist und ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.
Hier ein paar Ideen:
- ein flauschiger Teppich
- ein Sitzkissen o.ä.
- Weiche Kissen
- Gemütliche Beleuchtung
- Stofftiere
- Fotos oder selbstgemalte Bilder
Im nächsten Schritt könnt ihr euch überlegen, welche Hilfsmittel ihr in eurer Entspannungsecke benutzen möchtet, z.B.
- Gefühlsposter
- Poster mit verschiedenen Entspannungsstrategien
- Atemübungen
- Bücher zu den Themen „Gefühle“ und „Achtsamkeit“
- Kuscheltiere
- Fidget Toys, z.B. Antistressbälle, Spinner, etc.
- Glitzerflasche
Hängt die Poster so an die Wand, dass sie in Sichthöhe deines Kindes sind und es darauf zeigen kann.
Bücher, Fidget Toys, etc. könnt ihr z.B. in einem Korb oder einer Box verstauen.
Fertig ist eure Entspannungsecke!
Tipps für die Nutzung eurer Entspannungsecke
Nutzt die Entspannungsecke anfangs nur dann, wenn du und dein Kind entspannt seid
Denke daran, die Entspannungsecke ist etwas Neues für dein Kind und die Nutzung sollte zunächst in einem entspannten Zustand geübt werden. Ihr könnt z.B. euch gegenseitig fragen, wie ihr euch fühlt und welche Entspannungsstrategie ihr gerne einmal ausprobieren würdet. Ihr könnt gemeinsam Atemübungen oder Yogaübungen für Kinder machen, Bücher lesen, malen, etc. Macht ein Ritual daraus und nutzt die gemeinsame Zeit, um Verbindung aufzubauen.
Sei ein Vorbild und nutze auch du die Entspannungsecke, wenn du dich gestresst fühlst.
Kinder lernen durch Nachahmung. Wenn du dich selbst also gestresst oder wütend fühlst, gehe in die Entspannungsecke und sage laut, was du dort machst, z.B. „Ich fühle mich gerade ziemlich wütend. Was mir jetzt hilft ist, wenn ich 3 mal tief ein- und ausatme und diesen Antistressball knete“.
Und ja, die Entspannungsecke ist auch für Erwachsene hilfreich (ich spreche aus Erfahrung :)).
Biete deinem Kind an, in die Entspannungsecke zu gehen, bevor es von seinen Gefühlen überwältigt wird
Die Entspannungsecke ist besonders effektiv, wenn sie aufgesucht wird, bevor es zu einem Wutanfall kommt. Du kennst die ersten Anzeichen deines Kindes am besten. Schlage dann vor, gemeinsam in die Entspannungsecke zu gehen und eine Entspannungsstrategie auszuwählen. Wenn dein Kind in dem Moment aber nicht möchte, dann ist das vollkommen okay. Du solltest es auf keinen Fall dazu überreden.
Während eines akuten Wutanfalls macht es gewöhnlich keinen Sinn, die Entspannungsecke aufzusuchen. Denn in diesem Moment geht der Teil des Gehirns, der für das logische Denken verantwortlich ist, bei deinem Kind wortwörtlich offline. Warte in diesem Fall, bis der erste Gefühlssturm vorübergezogen ist und redet dann danach in der Entspannungsecke darüber, was passiert ist und was deinem Kind nun helfen könnte.
Überrede oder zwinge dein Kind niemals in die Entspannungsecke zu gehen
Wenn dein Kind die Entspannungsecke nicht nutzen möchte, ist das vollkommen okay. Übe niemals Druck aus oder nutze die Entspannungsecke als Bestrafung. Dann verliert sie nämlich ihre Wirkung und ist kein Ort der Entspannung mehr für dein Kind.
Zusammenfassung
Mit einer Entspannungsecke schaffst du deinem Kind einen sicheren Rückzugsort bei großen Gefühlen und förderst so die Fähigkeit zur Emotionsregulation und den positiven Umgang mit Gefühlen. Außerdem bietet eine Entspannungsecke die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen über Gefühle zu sprechen und die Verbindung zwischen dir und deinem Kind zu stärken.